Am Ziel deiner Wünsche wirst du jedenfalls eines vermissen, dein Pilgern zum Ziel.

Santiago und Jakobus waren erreicht. An dieser Stelle lag nahe, sich neue Ziele zu setzen: Oviedo = Christus

14. Tag, Montag, der 29.Mai:

Busfahrt nach Leon. Meine beiden letzten Pilgerwege in den nächsten 1 ½ Wochen meiner Pilgerreise führen mich zum Königreich Asturien, das 722 nach dem Sieg Pelajos über die Mauren entstand. Es liegt zwei km nördlich von Oviedo. Bemerkenswert sind die noch gut erhaltenen präromanischen Kirchen in Asturien. Die Mauren flohen in alle Himmelsrichtungen über die Berge. Die von mir gewählten Pilgerwege nutzen diese Fluchtwege in umgekehrter Richtung.

In Leon, am Hauptweg und Startort der Alternativroute nach Oviedo treffe ich in einem Kloster auf hundert voll belegte Doppelstockbetten. Fahrradfahrer kommen nicht mehr unter, wenn sich genügend Fußpilger melden. Das Schnarchkonzert ist ein prägendes Erlebnis. Die Kontaktmöglichkeiten auf dem Hauptweg sind unerschöpflich. Die Pilger sind nicht alle katholisch, eher ein eigenes Völkchen. Manche sagen, die Peregrinos (Pilger) seien eine eigene Glaubensgemeinschaft. Viele haben der Kirche den Rücken zugekehrt, suchen aber nach spiritueller Erfahrung.

Die Klöster unterwegs bieten nicht nur kostenlos Herberge, sondern auch eine - allerdings eher fromme als spirituelle - Abendandacht und einen Tagesabschluss. Die wenigen Lieder, die auch während der hl. Messen gesungen werden, kennen alle Einheimischen wohl auswendig. Orgel-Begleitung gibt es nicht. Dem Mitteleuropäer fällt es selbst mit Textvorgabe schwer, da mitzusingen. Die bekannten Taizé-Gesänge wären gut geeignet, der Pilgermesse einen spirituellen Hauch zu geben. Lediglich in der Kathedrale von Santiago wurde das versucht. In Leon konnte ich  immerhin zum Einzug ein „Laudate omnes gentes“ anstimmen und die Tenorstimme draufssetzen.

16. – 19. Tag,  ab Dienstag, der 30. Mai:

Der Weg von Leon nach Oviedo ist einsam, dort kommt nur alle sieben Tage ein Pilger vorbei. Dementsprechend bin ich in Pola Lena in der einzigen sehr ruhigen Pilgerherberge auf dem Weg der einzige Gast. Daneben zelte ich zweimal auf Pässen – teils unter 5 Grad minus. Morgens werde ich von freilaufenden Pferden oder den Almglocken der Kühe geweckt, die aus dem Tal hochziehen. Ab und an begegnet der Pilger einer Schafherde mit Hund und Hirten. Auf einem schmalen Bergpfad kommen mir einmal zuerst Schafe entgegen. Am Besten bleibt man stehen, damit die Tiere auf dem schmalen Pfad ungestört vorbeiziehen können. Als ich weitergehe, treffe ich den Hirten. Er meint, ich möge bitte stehen bleiben, weil seine teils jungen Hunde noch kommen, die sich sonst nicht an mir vorbeitrauten. So lerne ich schnell, dass „Peros“ die Hunde sind und „Venga, Venga!“ „Komm, komm“ heißt.

Die Bauern in San Martin de La Tertia hatte die Wege-Kennzeichnung geändert. Ich musste einen weitern Umweg noch dazu über 7 km auf der Hauptstraße laufen. Im dunklen Tunnel fehlten teilweise die Abdeckungen der Regenrinne. Danach hält ein LKW auf mich zu und hupt. Ich springe in den Graben, doch der auf der Alm für meine Tochter Ellen gefundene und bearbeitete Wanderstock ist in tausend Stücke zerbrochen, überfahren. Die letzte Nacht und auch die folgende werden eiskalt. Das Kondenswasser im Zelt und der Tau sind gefroren.

Oft geht es über die von Macchia (Gestrüpp) zugewachsenen Eselspfade, die allenfalls zwei Bergdörfer, manchmal nur Almwiesen miteinander verbinden. Welcher spanische Bauer treibt dort noch sein Vieh entlang? Deshalb nimmt man besser eine Gartenschere mit.